Ein Hauch von Urlaub
veröffentlicht von Rodney Rehm
challo liebe Schweizer und Normalgebliebenen,
heute aus der Serie "Geschichten von, mit und über Kellerkinder":
"Ein Hauch von Urlaub"
Urlaub? Ja, richtig gelesen. Obwohl Relax-Urlaub wirklich nicht auf meiner Liste meiner Lieblingstätigkeiten steht, entferne ich mich für ein paar Tage und verlasse die Arbeitswelt. Ziel ist ein Campingplatz in Verbania, Italien. Der Campingplatz liegt am Lago di Mergozzo, einem Nebensee des Lago Maggiore. Obwohl die Webseite nicht viel Gutes erwarten lässt, ist der Campingplatz recht nett gemacht und hat einen schönen Zugang zum See.
Dienstag, 12. September 2006
Ich kenne Zürich und seine Autofreundlichkeit. Deshalb Fahre ich auch lieber Nachts um viertel vor Elf von Lottstetten los. Dass wir die Nacht im Auto verbringen müssen, werden wir schon verkraften. Wie erwartet sind die Strassen frei und wir kommen in Rekordverdächtigen 30 Minuten durch Zürich. Die Fahrt verläuft ruhig und entspannt, bis uns ein riesiges Schild klar macht, dass der Gotthardtunnel über Nacht gesperrt ist. Na Klasse! Wie viel Freude ich mit meinem 60PS Corsa doch am Gotthardpass haben werde. Ganz Großes Kino. Aber auch der Pass ist nichts, was man nicht mit genügend Zeit und heulendem Motor bezwingen könnte. Wir freuen uns über die vielen schönen und engen Kurven - Sandra wird doch von sowas schnell übel. Ohne qualmendem Motor und ohne sonstiger lustiger Vorkommnisse rollen wir die andere Seite des Passes wieder herunter. Ohne uns zu verfahren landen wir auch ziemlich bald am Lago. Schön so ein See im Mondschein. Die engen und kurvenreichen Straßen bieten sich wunderbar an, mit 2 italienischen Autos die Fahrgewohnheiten der Italiener zu erkunden. Einfach herrlich, wie die Damen des einen Wagens sich um die Führung mit den Herren des zweiten Wagens streiten. Ein Überholmanöver nach dem anderen. Und das an Stellen, an denen sich kein normaler Mensch trauen würde auch nur 1 Km/h zu schnell unterwegs zu sein. Kurze Zeit später erreichen wir unser Ziel und stehen vor dem Campingplatz. In Ermangelung eines offenen CheckIn-Schalters schlafen wir im Auto. Die Fahrtzeit betrug lockere 4 Stunden.
Mittwoch, 13. September 2006
Vom Lärm der an- und abreisenden Urlauber geweckt, machen wir uns auf den Weg zum Schalter um uns anzumelden. Wir bekommen einen Platz direkt am See. Da das Zelt der Rehmfamily nicht auffindbar war, habe ich mir ein Zweimann-Iglu-Zelt von Bekannten ausgeliehen. Den Rat das Zelt vor dem Urlaub mal aufzubauen um es zu prüfen, habe ich natürlich ausgeschlagen. Ich weiss es ja schliesslich besser. Das Zelt wird auf dem sandigen Boden ausgebreitet, schnell sind die Standen drin und das Teil steht. Beim Reinklopfen der Heringe bediene ich mich eines flachen Steines -denn den Gummihammer für diese Zwecke hat man ja auch Zuhause liegen lassen. Ich habe noch nicht mal den ersten Hering versenkt, da werde ich auch schon vom Nachbar begrüsst. Er reicht mir einen Zimmermannshammer. Dieser Umgang unter Campern erstaunt mich immer wieder aufs neue. Sehr soziale Menschen - richtig nett. Der erste Blick ins Zelt ist da schon weniger erfreulich. Die wände sind dunkelbraun vor Sporen und an einer Wand hängen sogar ein paar vertrocknete Nachtfalter. Lecker! Flink werden noch ein paar Sachen ins Zelt geworfen und dann ab an den See. Faul wie wir sind, bleiben wir den ganzen Tag dort liegen. Halbschlafend in den Schatten verkrochen - Sonne ist ja schliesslich nichts für meine zarte weisse Haut. Nach dem Abendessen verkriechen wir uns dann auch gleich ins Zelt. Urlaub ist ja schliesslich auch nur ein Synonym für schlafen.
Donnerstag, 14. September 2006
Mitten in der Nacht wache ich von ein wenig Geplätscher auf. Es regnet leicht. Nichts neues, der Wetterbericht hatte ja angekündigt, dass es Vormittags zu leichten Schauern kommen wird. Bei der Hitze kann so ein kleiner Schauer am Morgen ja auch recht angenehm sein. Schnell merken wir,dass der leichte Schauer doch ungelegener kommt, als erwartet. Das Zelt ist undicht und Sandras Reisetasche steht auch recht schnell unter Wasser. Trotz des Tröpfelns von der Decke und der feuchten Kissen und Schlafsäcke versuchen wir noch eine Runde zu schlafen. Nicht so erfolgreich beim Vorhaben Schlaf beschliessen wir uns schnell das Zelt zu verlassen und einen Kaffee trinken zu gehen. Die Stimmung hat sich unserem Zelt angpasst - einfach abgesoffen. Mit nassen Kleidern und undichtem Zelt macht das aber alles keinen Spass mehr. Den Wetterbericht hat man zwischenzeitlich auch korrigiert. Von leichten Schauern am Vormittag wechselte das Programm zu 4 Tage Dauerregen. Von allen guten Geistern verlassen, beschliessen wir uns wieder auf die Heimreise zu begeben. Regen gibts ja schliesslich auch daheim.
Im Schneckentempo fahren wir am Lago Maggiore entlang. Lauter unsichere Camper fahren ihre grossen Wohnmobile mit angezogener Handbremse. Endlich die Autobahn erreicht, ist mir das aber auch egal. Ich geb Gas ich geb Gas, ich hab Spass, ich hab Spass. Zumindest für eine kurze Zeit kann ich mit angenehmer Geschwindikeit an den ganzen Wohnmobilen und Wohnwägen vorbeiziehen. Wie könnte es auch anders sein? Vor dem Gotthardtunnel stellen wir uns ganz brav in den ca. 1242346234Km langen Stau. Schon kurze anderthalb Stunden später erreichen wir das Ende des Staus und fahren in den Tunnel ein. Ganz schön lang der Tunnel - 17Km unter Tage. Die Luft ist zum Schneiden, die Wagen vor mir Trödeln und meine Laune sinkt ins Bodenlose. In Höhe Luzern (am schönen Vierwaldstättersee) hat sich meine Laune erholt. Für den nächsten Dämpfer sorgt ein Blitzer. Na das wird auch keine billige Angelegenheit. Bis Zürich fahren wir ereignislos durch. Anfangs sprach ich doch vom Autoparadies Zürich, nicht? Ich habe zwar schon öfter eine Ecke länger durch Zurüch gebraucht, aber heute ist der Abschuss. Wir parken uns durch die Stadt. Nach 5 Meter rollen, kann man den Moto wieder abstellen. Einfach Herrlich. Nach nur 6,5 Stunden Fahrtzeit erreichen wir Lottstetten.
Sollte ich mich wieder mal von meiner Freundin zu Entspannungsurlaub überreden lassen, werde ich mich auch gleich zum All-inclusive-Urlaub auf [insert some popular destination here] breitschlagen lassen. Das kostet im Endeffekt auch nicht wesentlich mehr, dafür hat man tatsächlich weniger Stress. Ich liebe Urlaub!
Vielen Dank fürs Gespräch, chüss